Projektinfos
Selektiver Projektwettbewerb 2020, 2. Rang
Veranstalter: Gemeinde Steinach
Statik: merz kley partner, Altenrhein
Landschaftsarchitekt: Martin Klauser, Rorschach
Visualisierungen: Archink GmbH, St. Gallen
Ortsbauliche Situation
Mit der neuen Turnhalle wird die campusartige Schul- und Sportanlage Birkenweg erweitert und gestärkt. Der Ersatzneubau wird als westseitiger Schlusspunkt der Schulanlage verstanden und definiert den Übergang vom Siedlungsgebiet zur Landschaft. Diese Setzung ermöglicht einen grosszügigen Freiraum, nutzbar für Sport, Schule und Quartierleben. Als Zugabe wird langfristig eine Erweiterung der Schule gegen Westen ermöglicht. Mit seiner orthogonalen Ausrichtung und Justierung zur bestehenden Anlage ist das neue Volumen im Schulcampus verortet und wertet die gesamte Schul- und Sportanlage ortsbaulich auf. Durch das Absenken der Hallenebene wird das sichtbare Volumen reduziert, was die Integration in die Umgebung und in die weite Landschaft unterstützt. Die durchlässige Bebauungsstruktur mit umlaufendem Fensterband und schwebendem Dachkörper stärkt diese Absicht zusätzlich und verleiht der Sporthalle eine gewisse Eleganz.
Umgebung , Aussenraum
Zusammen mit den Mauern bei den Rampen- und Treppenabgängen definiert die unterirdische Zivilschutzanlage eine gut proportionierte, vielfältig nutzbare Platzebene, die von verschieden Richtungen erschlossen ist. Durch die Zusatzüberdeckung liegt das Niveau ca. 40 cm über der heutigen Eingangsebene. Der Hauptzugang zum Platz erfolgt peripher vom Schulhaus über den bestehenden Pausenplatz und den Kirchweg über eine breite Rampe. Die sanft ansteigende Böschung als Blumenwiese begleitet den Schulweg. Auf dem Platz bilden grosszügige geometrische Felder einen Grundraster für diverse Schul-und Quartiernutzungen (Wege, Platten, Spiele, Wiese, Stauden, Blumen, Gewürze, Beete, …). Zwei Pflanztröge mit Felsenbirnen und Sitzbänken, teilweise kombiniert mit Sonnensegel ergeben beschattete Aufenthaltsbereiche. Nach Durchquerung dieser Gartenstruktur gelangt der Besucher zum Haupteingang in der Gebäudemitte. Der Dachüberstand über die ganze Gebäudebreite bildet eine geschützte Vorzone und zeigt eine freundliche Geste zum Platz. Die Zufahrt für die Ambulanz und die EG- Anlieferung erfolgt wie bisher über den Schulhaus-Pausenplatz. Die Hallenebene wird von der Bildzelgstrasse über die bestehende Schutzraum-Rampe und die als Lagerraum benutzte Zivilschutzanlage beliefert. Denkbar ist auch eine Ausssenrampe anstelle der Fluchttreppe. Die Entsorgung und die geforderte Parkierung werden an bestehender Lage zusammen mit dem Zugang zum Ortskommandoposten neu und effizient organisiert. Zwei Sumpfeichen markieren die Zugänge. Am tiefsten Punkt des Perimeters dient ein Retentions-und Sickerbereich mit wechselndem Wasserstand als ökologisch wertvolle Vegetationszone der Flora und Fauna, aber auch der Schulbildung . Hier wird zudem die zweiseitig bedienbare Grünmulde platziert, geschützt von einheimischen Sträuchern. Entlang der Bildzelgstrasse bildet wie bisher eine Baumreihe entlang der abflachenden Böschung einen grünen Filter. Der Aussengeräteraum mit Dusche und Schuhputzanlage ist in der Schnittstelle zwischen Hartplatzplatz und Spielwiese betrieblich ideal platziert. Zudem kann hier die An- und Abluft zum unterirdischen Technikraum diskret zu- resp. abgeführt werden.
Betrieb
Über den Windfang gelangen die Nutzer und die Zuschauer via das übersichtliche Foyer mit angegliedertem Office und Multifunktionsraum direkt auf die Tribünen. Der Blick des Besuchers richtet sich einerseits auf das Geschehen im Foyer und in der Halle, anderseits schweift er durch die umlaufende Befensterung auf die Umgebung mit Wiesen, Häuser, Schul- und Sportanlagen. Das Office mit Lift und der Lagerraum sind als freistehende Raumkörper in den Grundriss gesetzt, definieren so eine räumliche Zonierung und übernehmen gleichzeitig statische Funktionen. Je nach Anlass kann der Multifunktionsraum als Foyererweiterung genutzt werden. Die zentral angeordnete Treppe führt die Sportler direkt ins abgesenkte Hallengeschoss, das direkt an den Ortskommandoposten und die Schutzraumanlage angefügt ist. Hier befinden sich die die Garderoben- und Toilettenanlagen sowie die Putz- und Technikräume. Gegenüberliegend liegen die Innengeräteräume. Der Bereich des Schutzraumabteils 1 wird neu für die Toiletten und den Putzraum genutzt. In unmittelbarer Nähe zur vorbeiführenden Fernwärmeleitung ist der Technikraum angegliedert. Die Entfluchtung erfolgt über die zentral gelegene Haupttreppe und eine aussenliegende Fluchttreppe.
Konstruktion, Materialisierung
Der Hallenkörper mit den Geräteräumen, den Garderoben und den Technikräumen ist um ein Geschoss ins Erdreich eingebunden. Diese Bereiche sind als wasserundurchlässige Ortbetonwanne ausgeführt. Der oberirdische Teil der Halle ist im Wesentlichen eine Hülle aus Holz und Glas. Das Dach besteht aus seriell angeordneten schlanken Brettschichtholzrippen mit einer darüberliegenden, aussteifenden Dachscheibe aus Holzwerkstoffplatten. Die Dachträger laufen über die ganze Gebäudebreite durch und lagern auf Holzstützen. Dank dieser Disposition resultieren die grössten Auflagerlasten bei der mittleren Abstützung und die platzseitige Fassade über dem Bestand hat faktisch keine Auflast, was sich in den redimensionierten Fensterstützen und der oberen Verglasung visualisiert. Die wandartigen Stützen beim Mittelauflager sind als Scheiben auf den zwei Stahlbetonkuben aufgelagert. Zwischen den Betonkuben werden die Stützen, ergänzt durch Gurte aus Holz und Zugdiagonalen aus Stahl, zu einem Fachwerkträger verbunden. Damit wird die freie Zone im Bereich der Treppe überbrückt. Ein Grossteil der Lasten aus dem Dach kann auf diese Weise über die Betonkuben ausserhalb des Bestandes in den Neubauteil des UG gegründet werden. Das klare statische Konzept bleibt erlebbar. Zwischen den Dachträger können weitere technische Komponenten platziert werden (Beleuchtung, Akustik, Geräte, Technik,…). Der Hallenboden wird aus Holzparkett vorgeschlagen, die Hallenwände werden zwischen den Vertikalstützen mit Holzbretter verkleidet und akustisch aktiviert. Im Foyerbereich und im Hallengeschoss kontrastieren Terrazzoböden je nach Situation die Holzverkleidungen oder ergänzen die Wände und Decken aus Sichtbeton. Die besondere räumliche Atmosphäre entsteht durch die Transparenz und die Durchsichtigkeit des Gebäudes. Es wirkt niemals schwer oder geschlossen und der Bezug zum Aussenraum ist allgegenwärtig. Die natürliche Belichtung ist ideal und kann mit aussenliegendem Sonnenschutz reguliert werden. Auch von aussen scheint das weite Dach über der Landschaft zu schweben und verleiht dem Gebäude eine gewisse Leichtigkeit, unterstütz durch die Ausgestaltung der Fassaden mit den vorstehenden Stützen. Zur optimalen farblichen Integration in die gesamte Schulanlage könnte die Aussenhülle vorvergraut produziert werden.
Ortskommandoposten / Schutzraum
«Strahlenschutz»
Die Decke über Kommandoposten ist gemäss den Bestandesplänen ca 65cm stark, d.h. für den «Strahlenschutz» ist die Decke auch ohne Erdüberdeckung oder darüberliegenden Betondecken genügend stark ausgeführt worden.
«Druckstoss»
Betreffend einer externen/Internen Druckeinwirkung (Luftstoss) kann zum jetzigen Zeitpunkt keine genaue Aussage gemacht werden, da dazu die Ausführungspläne notwendig wären. Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass ein Nachweis nach den neuesten Weisungen für Schutzbauten des BABS (TWK 2017) nur knapp möglich wäre, da z.B. der Nachweis von Schubkräften sich gegenüber der vorgehenden Versionen verändert hat. Ein Nachweis nach neuesten Weisungen wäre wahrscheinlich auch unverhältnismässig, da dieser bereits im heutigen Zustand nach neusten Weisungen kaum möglich wäre.
Energie, Haustechnik, Ökologie
Der kompakte Baukörper mit optimal gedämmter Aussenhülle, konsequentem äusseren Sonnenschutz sowie optimaler Tageslichtnutzung entspricht der Grundvoraussetzung für den Minergie A- Standard. Die Wärmeversorgung für Heizung- und Brauchwarmwasser erfolgt über das örtliche Fernwärmenetz. Durch die einfach gestalteten Techniksysteme und die klare Positionierung von Technikräumen und Verteilgängen sind kostengünstige Haustechnikinstallationen jederzeit zugänglich, nachhaltig gestaltet und für tiefe Unterhaltskosten ausgelegt. Die Trägheit des grossen Luftvolumens eignet sich gut für innovative Lüftungskonzepte (Low-Tech Gedanke, Anlehnung an SIA-Effizienzpfad Energie und Nachhaltiges Bauen Schweiz SNBS). Als Wärmeverteilung in der Turnhalle ist eine Bodenheizung vorgesehen. Diese garantiert eine grosse Behaglichkeit bei gemischter Nutzung. Die Nebenräume werden je nach Anforderungen und Bedürfnissen mit einer Bodenheizung oder Heizkörper beheizt. In exponierten Räumen oder bei grossen Fensterflächen ist eine Kombination denkbar.
Für die Sporthalle schlagen wir eine natürliche Belüftung vor. Die Zuluft erfolgt dosiert über den ganzen Geräteraum, die Abluft über die witterungsgeschützten Lüftungsflügel unter dem Vordach und allenfalls über Oblichter. Somit ist eine natürliche, aber kontrollierte Belüftung möglich, welche den geltenden SIA-Normen entspricht. Dieses Konzept kann zudem zur Nachtauskühlung und Entrauchung verwendet werden. Die umgehende Befensterung garantiert eine ideale Belichtung für die Halle und den Mehrzweckbereich sowie schöne Ausblicke für Zuschauer und Sportler. Die Abluft wird punktuell über den Betonkuben im EG abgesogen und in die Garderoben / Nebenräume eingebracht. Der Verschmutzungsgrad der Abluft aus der Turnhalle ist zulässig und darf als Zuluft für den Garderobenbereich verwendet werden. Die Abluft aus dem Garderobenbereich wird nach aussen abgeführt. Die Lüftung wird mit einer Wärmerückgewinnung ausgerüstet.
Das Office im EG wird mit einer auf die Nutzung abgestimmten separaten Lüftung ausgerüstet. Infolge einer guten Durchlässigkeit des kiesigen Untergrundes unterhalb der Deckschicht ist eine genügende Versickerungskapazität gewährleistet und demzufolge ist eine extensive Dachbegrünung nicht zwingend notwendig. Dadurch steht das ganze Dach für die Solarnutzung ideal zur Verfügung. Dies muss jedoch in der weiteren Planung überprüft werden.