Projektinfos
Projektwettbewerb auf Einladung 2012, 2. Rang
Veranstalter: Evangelische Kirchgemeinde Grabs-Gams
Landschaftsarchitekt: Martin Klauser, Rorschach
Ausgangslage
Das historische Geviert, begrenzt durch Mühlbach, Kirche, Schmiede mit Remise und die Staatsstrasse, prägt zusammen mit dem alten Baumbestand den Ort. Ortstypische Mauern begleiten Bach, Strassen und umgeben den Friedhof und die Kirche. Um den vergangenen und den kommenden Veränderungen und Ansprüchen gerecht zu werden, schlagen wir eine neue Sichtweise vor bezüglich der Stellung der Kirche im Dorf. Die
Stellung des neuen Kirchgemeindehauses gibt Anlass, die freiräumliche Situation vor der Kirche neu zu definieren.
Idee
Durch die direkte Anbindung der Kirche an den Platz gewinnt sie an Präsenz und öffnet sich zur Dorfgemeinschaft und zum Kirchgemeindehaus. Andererseits wird der Friedhof zu einem allseits
mit Mauern gefassten, in sich ruhender Freiraum. Das neue, zweigeschossige Kirchgemeindehaus liegt nahe an der Staatsstrasse und nimmt nun eine wichtige Stellung innerhalb des Ortsbildes ein. Das ergibt sich einerseits durch die Lage und Dimension des Baukörpers, anderseits durch die Materialisierung und die Farbgebung. Der Neubau orientiert sich in seiner Setzung an seiner unmittelbaren Umgebung, der Kirche, dem
Mühlbach und dem geschützten Ensemble an der Unterdorfstrasse. Durch die Ausrichtung des flachen Gebäudes entstehen mit den umliegenden Gebäuden vielfältige, sich öffnende und schliessende Aussenräume.
Während die massiv gebaute Kirche das Ortsbild dominiert, strahlt das neue Kirchgemeindehaus aus Holz eine gewisse Leichtigkeit aus und kontrastiert einerseits die chwere des Kirchenbaus, anderseits entsteht eine materielle Annäherung zu den Holzbauten in der unmittelbaren Umgebung und zum parkähnlichen Pfarrhausgarten. Der Neubau behauptet sich gegenüber der Kirche, nicht wegen seiner Höhe, sondern seiner Flächenausdehnung. Der Baukörper verjüngt sich in seiner Breite und Höhe zur Kirche hin und formt mit dieser zusammen einen grosszügigen, attraktiven Aussenraum, ein Begegnungsort für die Dorfbewohner.
Der eingezogene Eingangsbereich formt eine einladende Geste zum Platz und bietet Schutz für vielfältige Nutzungen. Das flach ansteigende Dach strebt von der tiefsten, der Kirche nahestehenden Gebäudeecke
kontinuierlich höher bis zum strassenseitigen Abschluss. Diese geneigte, schräglaufende Dachlinie verstärkt dadurch die Perspektive und weist hin zum Neben-Eingang am Mühlbach. Sämtliche, der Öffentlichkeit zugeordneten Nutzungen wie Weltladen, Cafe und Kinderhort sind
dem Kirchplatz zugewandt.
Konzept
Die innere Organisation spiegelt die einfache Gebäude- und Nutzungsstruktur wieder und repräsentiert eine offene und transparente Kirchgemeinde. Das grosse Foyer für den Saal, das Cafe und den Laden, sowie das kleine Foyer für die Jugendräume im OG markieren, ihrem Grad der Öffentlichkeit entsprechend, die beiden Eingänge. Der Haupteingang richtet sich zum Kirchplatz, der Nebeneingang zum kleinen Platz.
Das Cafe ist an das Foyer angeschlossen, als Aussencafe kann der geschützte Vorbereich, aber auch der Platz am Mühlbach genutzt werden. Der Kinderhort profitiert zweiseitig von den entsprechenden Aussenräumen, welche sich als Spielbereiche gut eignen. Der Weltladen öffnet sich sowohl zum Kirchplatz als auch zur Srasse und kann so seine Auslagen ideal präsentieren. Im Obergeschoss sind der unterteilbare Mehrzweckraum und die Jugendräume sowie die Verwaltungsbereiche angeordnet. Durch eine zweite interne Treppe sind die Büros auf kurzem Weg mit dem Sekretariat verbunden. Die Arbeitsbereiche sind frei unterteilbar und gewährleisten eine optimale Flexibilität. Sämtliche Nebenräume sind auf den zwei Geschossen, ihrer Funktion entsprechend, ideal verteilt. Die beiden Zonen können nach Bedarf funktional verbunden oder abgetrennt werden.
Ein grosser Lichthof vermittelt zwischen unten und oben, bringt zenitales Licht ins Foyer und verleiht diesem Grosszügigkeit und somit eine gewisse Festlichkeit. Diese wird im Saal durch die Holz-Auskleidung, die hohen Fenster und die ansteigende Decke ergänzt. Der zweigeschossige Nebeneingang ist durch den angrenzenden Korridor im OG mit dem
Lichthof verbunden. Es entsteht ein interessantes Wechselspiel von niederen und hohen Räumen und damit ein spannendes Raumerlebnis mit verschiedenen Optionen „des sich Bewegens“. Die verschiedenen nutzungsbedingten Raumhöhen formen die Innenräume und die
Aussenhülle. Die schräg- verzogenen Decken verändern gewohnte perspektivische Wahrnehmungen.
Konstruktion
Das Gebäude ist als Holzbau konzipiert und folgt dessen Regeln. Ein einfacher statischer und konstruktiver Aufbau in vorfabrizierter Holzelementbauweise garantiert eine ökonomische, ökologische und zeitsparende Bauweise. Es resultiert eine klare Gebäudestruktur, die wiederum eine langfristig flexible Nutzung des Kirchgemeindhauses gewährleistet. Holzkonstruktionen optimieren nicht nur die Öko- und Energiebilanz, sie vermitteln durch Material und Farbe auch gefühlte Wärme, Nähe, Geborgenheit und einen hohen Wiedererkennungswert.
Die farbig veredelte Holzverkleidung verleiht dem Bauwerk eine zurückhaltende Eleganz. Die auf die innere Nutzung abgestimmte Fassadenstruktur erzeugt mit unterschiedlichen Öffnungsgraden spannungsvollen Licht- und Sichtverhältnisse. Der Minergie-Standard wird erreicht, durch das kompakte Volumen, die hochgedämmten Fassaden mit aussenliegendem Sonnenschutz, die optimale Tageslichtnutzung und durch eine Kontrolllüftung. Infolge einer optimalen Durchlässigkeit des kiesigen Untergrundes ist eine grosse Versickerungskapazität gewährleistet und demzufolge eine extensive Dachbegrünung nicht zwindend notwendig.
Zusätzliche ökonomische und ökologische Optimierungen, z.B. durch Regenwasserfassung für WC- Spühlung, die Installation einer Photovoltaikanlage zur Stromgewinnung oder Solarkollektoren zur Warmwassererzeugung sind möglich und sollten in einer allfälligen weiteren Projektierung zusammen mit dem Energiekonzept geprüft werden. Der konsequente Verzicht auf ein Untergeschoss und eine flache Fundamentplatte aus Recyclingbeton garantieren eine kostengünstige Baugrube und Wasserhaltung. Diese Massnahmen optimieren den Energieaufwand für unterirdische Bauwerke und folgen weitgehend den Forderungen des SIA Effizienzpfad Energie (2000Watt-Gesellschaft).
Freiraumgestaltung
Anstelle der Einfriedung mit Sockelmauern und Zaun als klare Trennelemente umgibt neu ein Baumfilter die Kirche und formt neue stimmige Aussenräume mit hoher Aufenthaltsqualität. Es entsteht eine, der historischen Baute und der zeitgemässen Nutzung gerecht werdende
freiräumliche Atmosphäre. Verschiedene Laubbäume mit hohem Stimmungswert (Blüten, Blattschmuck, Duft, Herbstfärbung, Schattenbild) werden in amorph geformte, mit 40 – 80 cm hoch wachsenden Ziergräsern bepflanzte Inseln im Asphaltbelag gesetzt. Der Friedhof findet einen neuen Abschluss unter Verwendung der vorhandenen Sockelmauer und Zaunelemente. Der Eingang an der Staatsstrasse bleibt erhalten. Ein neuer Eingang mit Tor wird beim Parkplatz geschaffen. Die Zugänge in unmittelbarer Umgebung der Kirche bleiben offen. Symbolisch bleibt so die
traditionelle Einheit von Kirche und Friedhof bewahrt. Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit für Fussgänger wird eine Schutzinsel beim bestehenden
Zebrastreifen erstellt. Die vom Kanton geforderten minimalen Durchfahrtsbreiten von 4.00 m auf jeder Fahrbahn können durch eine beidseitige Erweiterung des Strassenprofils erreicht werden. Die bereits vorhandene Kernfahrbahn soll erhalten bleiben. Durch punkuelle Baumpflanzungen nahe am Strassenrand kann der Strassenraum abwechslungsreicher und damit sicherer gestaltet werden. Der Verkehr wird durch die Anordnung der Beete, durch Absperrpfosten und durch einfache Velobügel aus verzinkten Stahlrohr zum neuen Parkplatz geleitet. Die Parkierfelder werden mit Betonsteinen mit Sickerfugen ausgebildet. Die Manövrierflächen werden asphaltiert. Für den Parkplatz am Mühlbach wird eine vom vorliegenden Ingenieurvorschlag abweichende Organisation vorgeschlagen, die der räumlichen Situation besser entspricht und die es
ermöglicht, den identitätsstiftenden alten Nutzgarten zu erhalten und wieder zu beleben und die drei Zufahrten zur alten Scheune weiterhin in Betrieb zu halten. Der heute teilweise eingedohlte Mühlbach wird offen als aufgesetzter Kanal ausgebildet geführt. Die Kanalwände werden entweder als 1.00 m hohe Brüstungen oder als Sockelmauern mit Zaun ausgebildet.
In der Remise am Mühlbach könnten einfache Atelierräume, in den Obergeschossen der Schmiede einfache Gästezimmer angeboten werde.
Entlang der Stirnseite des Kirchgemeindehauses an der Staatsstrasse werden drei grosszügige Lavendelbeete als unaufdringliches aber unverwechselbares Erkennungszeichen gesetzt. Der Pfarrhausgarten wird ergänzt mit hochstämmigen Laubbäumen und einer lockeren Hecke aus
heimischen Wildsträuchern. Für die Einmündung der Kirchgasse und der Schulhausstrasse in die Staatsstrasse wird eine Verengung vorgeschlagen, welche es ermöglicht, das Konzept der Baumpflanzungen in den Ziergrasinseln über die Staatsstrasse hinaus umzusetzen.